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Aufbau eines Pflegegutachtens

Treppe, Licht, Pflanze, Holz

Aufbau eines Pflegegutachtens

Obwohl es verschiedene Gutachten gibt, sind diese in großen Teilen identisch aufgebaut.

Zu Beginn werden die anwesenden Personen aufgenommen. Der Versicherte muss zwingend anwesend sein. Ansonsten darf jeder bei der Begutachtung teilnehmen, vorausgesetzt der Versicherte gibt dafür seine Erlaubnis.

Danach folgt die Aufnahme der Fremdbefunde. Hier werden alle verfügbaren Unterlagen aufgenommen. Damit sind z. B. Krankenhausberichte, Rehaberichte, Arztberichte, Auskunftsbögen, therapeutische Berichte, ein Schwerbehindertenausweis etc. gemeint.

  • Anschließend erfolgt einer der wichtigsten Punkte, und zwar die Anamnese (Vorgeschichte).

    Hier beschreibt der Versicherte und die anwesenden Personen die Einschränkungen im täglichen Leben und in welchen Bereichen der Antragsteller auf fremde Hilfe angewiesen ist, und durch wenn diese erfolgen. Außerdem werden Krankenhausaufenthalte, Operationen, bekannte Diagnosen etc. aufgenommen.

    Wichtig sind zudem Informationen, ob und in welcher Behandlung sich die betroffene Person bereits befindet, Beispiele sind Physiotherapie, orthopädische Behandlungen, Dialyse etc.

Viele Gutachter/-innen orientieren sich an den sogenannten sechs Modulen

Dadurch wird sichergestellt, dass zu jedem pflegegradrelevanten Modul auch alle Informationen aufgenommen werden.

  • Modul 1 - Mobilität

    0-10 gewichtete Punkte

    Wie selbständig bewegt sich die betroffene Person fort und wie kann sie ihre Körperposition verändern. 

  • Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten

    0-15 gewichtete Punkte

    Kann sich die betroffene Person orientieren (zur Person, örtlich, zeitlich, situativ), kann sie/er Entscheidungen selbst treffen und Inhalte verstehen, kann sie/er Gespräche akustisch aufnehmen und verstehen. 

  • Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen

    0-15 gewichtete Punkte

    Bestehen Verhaltensauffälligkeiten wie z. B. Aggressionen, Ängste, Antriebslosigkeit, motorische Unruhe etc., welche einer personellen Unterstützung bedürfen.  

  • Modul 4: Selbstversorgung

    0-40 gewichtete Punkte

    Benötigt die betroffene Person personelle Unterstützung bei der täglichen Körperpflege, beim Kleiden, bei Toilettengängen, Inkontinenzversorgung, beim Speisen- und Getränke zubereiten, als auch bei der Einnahme. 

  • Modul 5: Bewältigung medizinisch-pflegerischer Maßnahmen

    0-20 gewichtete Punkte

    Benötigt die betroffene Person Unterstützung bei behandlungspflegerischen Maßnahmen wie Medikation stellen bzw. einnehmen, Verbände anlegen (Wundversorgung, Injektionen verabreichen, Kompressionsstrümpfe an- und ausziehen etc.  

  • Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

    0-15 gewichtete Punkte

    Kann die betroffene Person seinen gewohnten Alltag selbst gestalten, nächtliche Verrichtungen tätigen, Termine vereinbaren oder Kontakte pflegen. 

Die Module sind nochmals in Einzelpunkte unterteilt, um die Fähigkeiten und Einschränkungen genauer aufnehmen zu können.

Insgesamt lassen sich somit bis zu 100 gewichtete Punkte erreichen. 

  • 0-12 Punkte

    Kein Pflegegrad

  • 12,5-27 Punkte

    Pflegegrad 1

  • 27,5-47 Punkte

    Pflegegrad 2

  • 47,5-69,5 Punkte

    Pflegegrad 3

  • 70-89,5 Punkte

    Pflegegrad 4

  • 90-100 Punkte

    oder besondere Bedarfskonstellation

    Pflegegrad 5 

  • Die angegebenen Informationen sollten so genau wie möglich sein. Doch nicht jede davon ist für den Gutachter wichtig. So spielt es beispielsweise für die Versorgung und Bewertung keine entscheidende Rolle, ob vor vielen Jahren der Blinddarm entfernt wurde. Wichtig sind Angaben, die einen direkten Einfluss auf die aktuelle pflegerische Versorgung haben.

    Als Beispiel wäre eine Hüftgelenksarthrose mit erfolgter Prothesenversorgung zu nennen. Dadurch ist die/der Versicherte evtl. in ihrer/seiner Beweglichkeit und Mobilität eingeschränkt. Dies hat einen direkten Einfluss auf die Module. 

    Weiterhin können hier Veränderungswünsche oder Bedürfnisse angegeben werden.  

  • Nachdem die Anamnese abgeschlossen ist, erfolgt die Aufnahme von ehemaligen Aufenthalten in Rehakliniken und / oder, ob ein Antrag auf eine Reha gestellt wurde. Danach werden die genutzten Hilfsmittel, die Wohnsituation, die Versorgungssituation samt Pflegepersonen aufgenommen.

    Anschließend werden die pflegebegründenden Diagnosen nach dem ICD-10-Code notiert. Sind keine genauen Diagnosen bekannt, werden ICD Codes genutzt, die Diagnosen umschreiben.

    Als gängigstes Beispiel wird der ICD Code R26 genutzt. Damit sind Störungen des Ganges und der Mobilität gemeint.


Anschließend erfolgt die Bewertung der sechs Module. Hier wird die Fragestellung des Gutachters nochmals genauer, da jedes Modul nochmals in Einzelpunkte unterteilt ist. Außerdem ist hier entscheidend, ob trotz der beschriebenen Einschränkungen Aktivitäten des täglichen Lebens selbständig bewältigt werden können, z. B. durch die Nutzung eines Hilfsmittels oder dem Erlernen von Kompensationsstrategien, oder ob dafür personelle Unterstützung notwendig ist. Denn nur diese wird auch berücksichtigt!

Des Weiteren wird ermittelt, ob der Hilfebedarf dauerhaft bestehen wird (mind. 6 Monate und länger), oder ob es sich um eine vorübergehende Unterstützung handelt. Wenn sich die betroffene Person z. B. eine Oberschenkelfraktur zuzieht, danach operiert wird und wie üblich eine Rehamaßnahme stattfindet, ist davon auszugehen, dass der zeitweise notwendige Hilfebedarf nicht länger als sechs Monate besteht.

Alte Menschen, Männer, Markt, Gehstock

Im Modul 5 werden mitunter die behandelnden Ärzte und Therapeuten aufgenommen und in welcher Häufigkeit Besuche stattfinden, egal ob in der Praxis oder zu Hause. Weiterhin erfolgt hier die Aufnahme von behandlungspflegerischen Maßnahmen wie z. B. Medikation stellen und verabreichen, Insulin injizieren, Kompressionsstrümpfe an- und ausziehen, Fahrten mit Begleitung zu den Ärzten, Therapeuten etc.

Nach den sechs Modulen wird der Gesamtwert der gewichteten Punkte ermittelt. Aus diesen ergibt sich dann ein Pflegegrad.


Anschließend wird festgelegt, ab welchem Datum der ermittelte Pflegegrad berücksichtigt wird. Meistenteils stellt dies das Antragsdatum dar. Wichtig zu wissen: Es spielt keine Rolle, ob das Antragsdatum der erste oder letzte Tag eines Monats ist. Die Leistungen stehen einem immer ab dem ersten Tag des Antragsmonats zu. Darum ist jeder Tag entscheidend.

Wenn es jedoch ein konkretes Datum bezüglich eines Akutereignisses gibt wie z. B. einen Herzinfarkt, Unfall, Schlaganfall wird dies genommen.

Danach wird die mögliche Unterstützung im Bereich der außerhäuslichen Aktivitäten als auch der hauswirtschaftlichen Versorgung aufgenommen. Dies fließt jedoch nicht in die Pflegegradermittlung ein.

Nach diesem Bereich erfolgen die Empfehlungen des Gutachters wie z. B. sinnvolle Therapiemaßnahmen wie Physiotherapie bei beschriebenen Gelenk- oder Muskelschmerzen, Sprachtherapie bei Sprachdefiziten usw.

Außerdem werden hier mögliche fachärztliche Abklärungen und Mitbehandlungen oder eine Rehamaßnahme empfohlen. Ein weiterer wichtiger Bereich stellt die Empfehlung von Hilfsmitteln wie z. B. einem Rollator, Toilettenstuhl, Duschhocker etc. dar. Hier kann der Gutachter auch wohnumfeldverbessernde Maßnahmen empfehlen wie beispielsweise einen Umbau des Badezimmers, Installation eines Treppenlifters etc.

In dieser Phase der Begutachtung sollte normalerweise eine Beratung seitens des Gutachters stattfinden, um die häusliche Versorgung weiter sicherzustellen, zu optimieren bzw. zu verbessern.

Anschließend erfolgen noch mögliche Empfehlungen im Bezug auf edukative Maßnahmen oder spezielle Programme wie z. B. eine Ernährungsberatung, Programme zur Förderung von Bewegung und Mobilität.

Zuletzt erfolgt durch den Gutachter eine Prognose. Sollte die Möglichkeit bestehen, dass sich der Zustand des Versicherten pflegerelevant ändert, egal ob zum positiven oder negativen, wird entweder eine Nachuntersuchung oder eine Höherstufung empfohlen. Der Unterschied liegt darin, dass bei einer Empfehlung für eine Nachuntersuchung sich die zuständige Kasse darum kümmert, den Versicherten erneut begutachten zu lassen. Bei einer potenziellen Verschlechterung des Allgemeinzustandes muss der Versicherte sich selbst bzw. der Angehörige oder Betreuer darum kümmern.

Meistens lautet die Prognose jedoch, dass sich mittelfristig keine pflegegradrelevante Änderung ergibt.